Erstmals bei der Europa Wahl wählen ab 16
. Am 9. Juni ist Europawahl – und erstmals dürfen dann auch Jugendliche ab 16 Jahren wählen. Doch welche Themen beschäftigen junge Menschen? Und wie stellen sie sich die EU der Zukunft vor?
In einem landesweiten Projekt haben rund 250 Schülerinnen und Schüler aus Niedersachsen ihre Visionen für Europa entwickelt und nun in Hannover der Europaministerin Wiebke Ogisus (SPD) vorgestellt.
„35 Ideen für Europa“ kamen bei dem Projekt „Niedersachsendialog“ heraus. In Kleingruppen erarbeiteten die Schülerinnen und Schüler von vier Schulen aus Hildesheim, Gifhorn, Osterholz-Scharmbeck und Nordhorn ihre Visionen für die EU. Die Themen reichten von Bildung und Digitalisierung bis zu Migration und Klimaschutz.
„Das war richtig schön. Sonst beschäftigt man sich, abgesehen vom Politikunterricht, ja nicht so intensiv damit“, sagt Amelie Wesche vom Humboldt-Gymnasium Gifhorn.
Das Projekt habe viele motiviert, sich mit ihren politischen Haltungen auseinanderzusetzen, sagt die 15-Jährige.
Jugendliche fordern verpflichtenden Austausch.
Die Gifhorner Schülerinnen haben sich intensiv Gedanken gemacht, wie eine Völkerverständigung besser funktionieren könnte. Unter dem Motto „Bildung statt Krieg“ forderten sie einen verpflichtenden Austausch für alle Schülerinnen und Schüler innerhalb Europas. „So kommt man aus seiner eigenen Blase, man entwickelt sich weiter und tauscht sich aus“, sagt die 15-jährige Marie Eggers. Interkultureller Austausch – das war vielen Gruppen ein Anliegen. Die beiden 19-jährigen Phillip Brouwer und Gökhan Kür von der Berufsbildenden Schule Osterholz-Scharmbeck entwickelten mit ihrer Gruppe die Idee von europäischen Schulsportligen. „Kaum etwas verbindet so sehr wie Sport“, sagt Kür, „Jugendliche lernen dadurch andere Länder kennen.“ Das helfe auch, Vorurteile zu überwinden und Rassismus zu bekämpfen. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie würden 22 Prozent der 14- bis 29-Jährigen die AfD wählen – eine Partei, die für weniger Europa und mehr nationale Abschottung steht. Wie erleben die Jugendlichen den Aufschwung der rechtspopulistischen Partei in ihrer Generation?
„Ich habe den Kontakt zu einem guten Freund eingeschränkt, der die AfD wählen würde“, sagt der 17-jährige Leon Lilienthal von der BBS Osterholz-Scharmbeck. Sein Mitschüler Phillip Brouwer sagt:
„Das große Problem ist, dass viele mit den anderen Parteien nicht zufrieden sind. Dann wenden sie sich der AfD zu.“
Auch Eveli Al Hassan von der Geschwister-Scholl-Schule in Hildesheim beobachtet ein Protestwahlverhalten in ihrer Generation. „Viele machen sich keine Gedanken, was das für Folgen hätte“, sagt die 17- Jährige, „aber sie fühlen sich von der Politik aktuell nicht gehört.“ Wenn Jugendliche die Chance bekämen, politische Haltungen zu entwickeln und ihre Ideen vorzustellen, würden viele diese ergreifen, ist Al Hassan sicher. Ihre Gruppe setzte sich mit Geschlechtergerechtigkeit und der Verfolgung von Sexualstraftaten auseinander. „Wir finden es ungerecht, dass Steuerbetrug härter bestraft wird als eine Vergewaltigung“, sagt die 17-Jährige.
Europaministerin Osigus ist beeindruckt von den vielfältigen Ergebnissen des Projekts – und verspricht, diese ernst zu nehmen. „Wir leiten diese Ideen auch an unsere Landesvertretung in Brüssel weiter“, sagt sie.
„Junge Leute haben politische Meinungen, sie sind politisch. Sie müssen nur die Möglichkeit bekommen, diese in konkrete Ideen umzusezen.“