Laut und solidarisch gegen den Krieg

(Artikel EM) »Ein schöner Abend, aber ein schlechter Anlass«: Markus Gattermann von »Libuda« brachte es auf den Punkt: Lieber wären alle Mitwirkenden wohl bei einem »normalen« Konzert aufgetreten. Umso mehr werden sich die Künstler und Organisatoren über den Erfolg des Benefizabends »Laut für den Frieden« im »Neu-Deli« gefreut haben, denn rund 2.000 Euro sind für die Ukrainehilfe gesammelt wurden.

Vielseitig besetzt war das Konzert für Menschenrechte, zu dem eine Gruppe von Einbecker Bürgern eingeladen hatten: Christian Serfati von der StadtpARTie, Kerstin Hillebrecht von der Jugendpflege, Daniel Meyer vom »Backpackers Inn« und Musikerin Bianca Herrmann.

»Laut für den Frieden« wolle man sein, verwies Moderator Klaus Hamann auf das Motto des Abends. »Ob Herr Putin uns auch hört?« Man müsse laut sein und andere einstimmen lassen – so werde die Bewegung immer lauter. Und man könne auch in Einbeck etwas tun, beispielsweise durch eine starke finanzielle Unterstützung. Druck aufzubauen, weltweit, das sei wichtig, deshalb dürfe man nicht die Hände in den Schoß legen und sich ohnmächtig fühlen, denn das sei vermutlich das, was der Aggressor sich wünsche. »Wenn die Macht der Liebe über die Liebe zur Macht siegt, wird die Welt Frieden finden«, zitierte er Jimi Hendrix. Die Hilfe hier, räumte er ein, sei im Gesamtzusammenhang vermutlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber sie sei dennoch wichtig und wirksam.

In Kriegszeiten und -gebieten sei nichts mehr selbstverständlich, fuhr er fort. Straßen und Wohnungen seien nicht mehr sicher – die Kriegsmaschinerie mache Angst. Viele Menschen würden deshalb flüchten, alles hinter sich lassen, aus existenzieller Angst. »Ich packe meinen Koffer ...« werde für diese Menschen zur schlimmen Realität: was mitnehmen, was zurücklassen? Der 16-jährige Said berichtete, wie er 2016 mit seinen Eltern geflohen sei; sie waren einen Monat unterwegs, ohne Koffer, und viele hätten es überhaupt nicht geschafft: »Was ich sagen möchte: dass Krieg einfach Scheiße ist.« Deutschland sei ein Land der Toleranz, und alle sollten zusammenstehen, in respektvollem Umgang miteinander.

Der Erlös des Benefizkonzerts wird dem Hilfsprojekt von Björn Liebig, Marc Böker und Julian Burgmann zufließen. »Man sollte nicht sagen, dass der Einzelne nichts machen kann, sondern jeder, der etwas tut, tut das Richtige«, sagte Björn Liebig. Auf polnischer Seite haben sie bereits zweimal Grenzübergänge zur Ukraine besucht und Geflüchteten geholfen sowie Flüchtlingsheime ausgestattet, beispielsweise mit Waschmaschinen. Ende Mai soll es wieder dorthin gehen. Richtig viele (Lebensmittel-) Spenden haben sie bereits erhalten. Geld ist aber ebenfalls notwendig, weil dann in Polen nach Bedarf eingekauft werde: »Vielen Dank an euch«, wandten sie sich ans großzügige Publikum, das im Lauf des Abends rund 2.000 Euro spendete.

»Bei Hitlers brennt noch Licht«, gegen das Erstarken von Terror und Rechtsextremismus wandte sich Klaus Hamann mit einem Gedicht von Simon Pearce: »Vernunft, wo bist du?«, das frage man sich angesichts der gegenwärtigen Situation immer wieder.

Die ersten Musikerinnen auf der Bühne waren Bianca und Alina, Gitarre und Cajon. Krieg, stellten sie fest, sei kein Zustand, den man sich im Jahr 2022 vorstellen sollte. Umso mehr freuten sie sich über die Möglichkeit, mit dem Konzert zu helfen. Aus Erzählungen von Verwandten im Nachbarland Rumänien wisse man, wie bedrohlich die Situation auch dort sei. In einer Schweigeminute gedachten sie gemeinsam mit dem Publikum der Opfer in der Ukraine. Für eigene und gecoverte Stücke, beispielsweise »Jolene«, »In your head« oder »What’s going on«, mit warmer, eindrucksvoller Stimme zur akustischen Gitarre gesungen und vom Cajon begleitet, gab es viel Beifall.

Mit neuen Klängen waren Tatjana Kusheva, Synthesizer und Gesang, und Adriana de Paduanis, Gitarre, dabei. »Zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder in einem Club« freute sich Tatjana Kusheva, die die Coronazeit genutzt hat, eigene Stücke mit deutschen Texten zu schreiben, sowohl fröhlich mit einem Augenzwinkern als auch nachdenkenswert.

Nun werde es »bisschen laut mit uns«, kündigte Sängerin Jana Melching von »Wasted Origin« an. Tatsächlich ging es bei der Band wie gewohnt richtig zur Sache, aber auch ruhige Sequenzen waren dabei, in denen Feuerzeuge und Handy-Taschenlampen leuchteten.

Die Musiker von »Libuda« trafen mit ihren Stücken genau den richtigen Ton, um die Besucher vollends aus den Sitzen zu holen. »Lass das Licht an, wenn du gehst«, »Lagerfeuer« oder »KITT« – mit den Liedern kann man sich identifizieren, wenn man in einem bestimmten Lebensalter und in Einbeck zuhause ist: »Wir sind wie du« heißt auch einer ihrer bekannten Titel.

Die mitgerissenen Besucher – altersmäßig bunt gemischt – spendeten nicht nur reichlich Beifall, sondern auch viele Euros und machten so Hilfe und Solidarität zu einer handfesten Sache.

Unterstützt wurde der Abend von Krümmel Event, »Mardin«, Harzländer, den Lichtspielfreunden, Frank Scheidemann, dem Einbecker Brauhaus, Sacha Pelzel, »jimie« und Rabea Richter.